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Ein Auer kommt selten allein

Wenn man in der Kaiserstadt von dem Auer spricht, dann sind nur selten - wenn nicht sogar nie - die rund 578 Kilometer entfernten Bewohner der Großstadt Aue gemeint. Die Stadt im Osten Deutschlands liegt wohl in zu weiter Entfernung, um ihr auch nur geringfügig eine solch enorme Wichtigkeit zuzusprechen, wie sie unser Auer bei der Alemannia hat.
Benjamin Auer wechselte 2008 vom VfL Bochum an den Tivoli, absolvierte seitdem insgesamt 112 Ligaspiele im Alemannentrikot und traf ganze 54 Mal in die Maschen seiner Gegner. Seit Anfang 2010 trägt Aachens wichtigster Torjäger zudem die Binde als Kapitän.

Als Führungsspieler ist der Landauer in Aachen in aller Munde, ist er es schließlich, der nach jedem Spiel vor die Kameras gebeten wird. Er solle doch erklären, wie die Alemannia wieder nur einen Punkt holen konnte, ob es wirklich ein Foul gewesen war und ob der Schiedsrichter das anschließende Tor nicht vielleicht doch hätte aberkennen sollen. Doch darauf hatte er sich wohl oder übel eingelassen, als er dieses Amt damals antritt.
Wenn jetzt aber die Veilchen aus dem Osten zu Gast auf dem Tivoli sind, so ist es selten nur der eine Auer, welchen der Kommentator mit dieser Bezeichnung in den Vordergrund heben will - vorallem nicht dann, wenn das Team aus Aue in dieser Saison ein paar Lorbeeren mehr ernten konnte, als der Torjäger selbst.

Denn auch wenn das Team von Rico Schmitt zur Zeit nur vier Punkte Abstand auf die Schwarz-Gelben hat, so wurden die Kicker aus dem Erzgebirge selten mit dem Abstiegskampf in Verbindung gebracht. Die Auer siegten bereits vier Mal - das ist, im Vergleich zur Alemannia, gut das doppelte an Erfolgen.
Doch die Elf von Trainer Funkel wollte der reinen Statistik wegen nicht gleich die Flinte ins Korn werfen. Es galt, endlich aufzuholen - die letzten sechs Punkte aus den verbleibenden zwei Spielen zu holen und dann, am Ende dieses Jahres, vielleicht mit genau so vielen Siegen da zu stehen, wie die Auer jetzt.

Hierfür schickte Trainer Funkel eine ähnliche Elf wie schon in den Wochen zuvor in's Rennen. Demnach durfte Stammkeeper Boy Waterman von Beginn an ran und auch die Viererkette  bestand wie gewohnt aus Timo Achenbach und Kim Falkenberg auf den Außenbahnen, sowie Seyi Olajengbesi und Tobias Feisthammel auf den Innenposten. Aimen Demai spielte auf der "Sechs" direkt hinter Sibum, während Radjabali-Fardi und Yabo über Außen stürmten. Im Angriff fand sich der bereits angesprochene Auer neben Sergiu Radu wieder, der in den letzten Spielen eine enorme Trefferquote erziehlte - vier Mal traf in vier Partien.

Diese Serie sollte fortgeführt werden, ähnlich wie jene der Alemannia, bereits zwei Spieltage in Folge nicht verloren zu haben - und schon zu Anfang sah es nicht danach aus, als würde diese Serie nach diesem Spieltag gebrochen sein.
Die Alemannen begannen stürmisch und mit viel Elan, drängten die Auer eine Zeit lang vollends in die eigene Hälfte. Aimen Demai hatte die erste Gelegenheit auf dem Fuß, sein mikriger Torschuss konnte der geringen Kraft wegen allerdings nur knapp einem jenen zugeordnet werden, um nicht gleich als "Rückpass zum gegnerischen Torhüter" durch gehen zu müssen.
Das danachfolgende Handspiel eines Auers im eigenen Strafraum war dahingegen Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus "durchgegangen" - trotz Reklamierung ließ die Unparteiische weiterspielen.

Nicht frustriert von der knappen Entscheidung wollten die Tivoli-Kicker beweisen, dass sie auch ohne Strafstoß zu einem Torerfolg kommen konnten. So war es Benny Auer, der nach einer Hereingabe Falkenbergs zum Kopfball in die Luft ging, das Leder allerdings über den Kasten schlug. 
Eine gute viertel Stunde später waren es dann erneut die Aachener, die im gegnerischen Strafraum reklamierten, nach einem "Foulspiel" an Demai einen Strafstoß forderten. Mit der Entscheidung, auch beim zweiten Mal nicht auf den Punkt zu zeigen, lag Bibiana Steinhaus dieses Mal allerdings vollkommen im Recht.

Vor der Pause hatten die Alemannen noch einmal die Gelegenheit, aus dem lahmen Kick doch noch einen Erfolg zu schlagen, doch Radjabali-Fardi rutschte Zentimeter an der Hereingabe Achenbachs vorbei.
Wenig später war dann auch Schluss - jedenfalls auf dem Rasen. Auf den Rängen dahingegen machte sich Unmut breit: Randale im Block S6 überschatteten das Geschehen auf dem Platz - Fußball wurde wieder einmal zur Nebensache, das eigentliche hatte man aus den Augen verloren;  zu schade, eigentlich.

Die Verantwortlichen klären immer noch, wie es dazu kommen konnte, dass man sich am heimischen Tivoli nicht mehr heimisch fühlen kann, wenn man weiß, dass an jeder Ecke eine Gefahr lauern könnte. Gerade jetzt, wo es die Alemannia finanziell sowie sportlich ganz unten steht, sollte man doch zusammenhalten, das Team unterstützen und dafür sorgen, dass es auch in den nächsten Jahren die Alemannia geben wird, für die wir uns eigentlich alle zwei Wochen auf dem Tivoli versammeln.


Zumindest den Kickern auf dem Rasen ging es in der zweiten Halbzeit dann ausschließlich um den Fußball. Nach einer langweiligen ersten Hälfte erwartete man sich mehr; wollte, statt den Ball ständig nur gegen's Außennetz fliegen zu sehen, endlich selbst einnetzen.
Und niemand geringeres als Torgranat Benny Auer selbst hatte sich wohl dieses Ziel gesetzt, das schon vier Minuten nach dem Wiederanpfiff erreicht schien: Der Torschütze der letzten Spiele - Sergiu Radu - war es, der das Leder, zugesteckt von Achenbach, dieses Mal auf Auer vorlegte. Der zögerte nicht lange und verwandelte aus kurzer Distanz zur 1:0 Führung. 

Motiviert vom zwischenzeitigen Erfolg wollte der Kapitän mehr. Nur wenige Minuten nach dem Führungstreffer war es erneut Radu, der auf Auer zusteckte; aus der Drehung heraus setzte der Schütze die Kugel Zentimeter neben den Kasten von Keeper Männel.
Die letzte halbe Stunde sollte es David Odonkor auf der linken Seite richten. Doch es war nicht nur der "WM-Star", der für Yabo ins Spiel kam, sondern mit ihm - wie auch in der letzten Woche - auch der unerwünschte Gegentreffer. 
Nach einem Einwurf waren die Tivoli-Kicker noch nicht sortiert, dann ging alles ganz schnell: König auf Kempe, der von links sicher verwandelte und Keeper Boy Waterman keine Chance ließ. 

Der Treffer sorgte bei den Auern, wie einst bei den Schwarz-Gelben, für einen Überschuss an Wille und Motivation. Die Veilchen waren wieder blitzschnell vor dem Keeper des Aachener Schlussmanns aufgetaucht, verwandelten dieses Mal aber nicht so sicher, wie wenige Minuten zuvor - dem eingewechselten Kocer fehlte (Gott sei Dank!) das Glück im Abschluss.
Wechseln wollte dann auch der Aachener Coach noch einmal. Friedhelm Funkel brachte seit langem wieder einmal Stiepermann, für welchen Shervin Radjabali-Fardi auf der Bank Platz nahm. Im Gegensatz zum Odonkor-Wechsel schien dieser allerdings Früchte zu tragen, mit dem ersten Ballkontakt setzte Stiepermann das Leder allerdings einen guten Meter neben den Kasten Männels. 

Die letzte Aktion des Spiels galt dann doch noch David Odonkor: Nachdem Timo Achenbach den Flügelflitzer geschickt hatte, legte dieser perfekt auf Auer ab, dessen Schuss Keeper Männel gerade noch aus der Ecke fischen konnte.
So blieb es beim - unter'm Strich - verdienten 1:1 Remis in der letzten Partie dieses Jahres am Tivoli. Durch den Punktgewinn zogen die Schwarz-Gelben mit dem FSV Franfurt gleich und überholten diesen aufgrund der besseren Tordifferenz.
Ein Spiel vor der Winterpause liegen die Schwarz-Gelben somit auf dem 14. Tabellenplatz und könnten mit einem Dreier am nächsten Sonntag bei Eintracht Braunschweig nicht nur dafür garantieren, auf einem Nichtabstiegsplatz zu überwintern; man würde auch Platz nach unten schaffen, sich absetzen und die perfekte Ausgangslage für einen Neuanfang im neuen Jahr schaffen.

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