Kein "Schiffe versenken" in Karlsruhe
Alemannia holt die wichtigsten Punkte der Hinrunde!
6 neue Flicken hätte sich die Alemannia am Samstag verdienen können, um die Segel ihres Schiffes zu flicken und auf offenem Meer nicht mit der nächsten Welle unterzugehen. Auch wenn die Punkteregelung für die Deutsche Fußballliga lediglich drei Punkte pro Spieltag vorsieht (und sich dabei auch nicht zu Ausnahmen überreden lässt), sprach man in der vergangenen Woche des Öfteren von einem sogenannten "sechs Punkte Spiel". Der Karlsruher SC nämlich, welcher der Alemannia schon aus der ersten Runde des diesjährigen DFB-Pokals bekannt war, markierte vor der Partie den unmittelbaren Tabellennachbarn der Schwarz-Gelben, und konnte demnach, mit einem Sieg letzterer, nicht nur die Aussicht nach oben verlieren, sondern wäre auf dem Tabellenplatz selbst noch weiter nach unten gerutscht. Der Turn- und Sportverein aus Aachen allerdings konnte sich mit einem Dreier erstmals seit Saisonbeginn von den gefährlichen Abstiegsrängen entfernen und sich Punktgleich mit dem KSC auf dem sechszehnten Tabellenplatz absetzen.
Doch um den rund 500 mitgereisten Alemannen diesen Traum "Wunsch" zu erfüllen, musste die Elf auf dem Rasen im Wildparkstadion erstmal beweisen, dass man diesen Sprung, diese Befreiung, überhaupt verdient hatte - dass man bereit war für einen Wandel, dass man jetzt endlich da unten raus kommen wollte.
Nach der phänomenalen Schlussphase am vergangenen Wochenende, als man einen Sieg über die Eintracht aus Frankfurt in den letzten Minuten des Spiels "aus der Hand gab" (4:3 nach 2:0 Rückstand), beließ es Trainer Funkel mit einer Ausnahme bei der Abschluss-Elf. Sergiu Radu und Shervin Radjabali-Fardi bekamen in der letzten Begegnung ab der 45. Spielminute das Vertrauen des Trainers - und enttäuschten diesen keines Falls. Während Sergiu Radu selbst an einem Anschlusstreffer (zum 3:2 Zwischenstand) beteiligt war, zeichnete sich Fardi dadurch aus, dass er das gesamte Aachener Offensivspiel ankurbelte. Der Coach musste nicht drei Mal überlegen und ließ beide am Samstagvormittag schon von Beginn an ran.
Während "Routinier" Radu sich neben Kapitän Auer anzuordnen hatte, rutschte Fardi für Manuel Junglas auf die linke Seite des Mittelfelds; Ray Yabo kam über Rechtsaußen. Im alten 4-4-2-System bildeten Bas Sibum und Aimen Demai die Doppelsechs; die Viererkette bestand wie gewohnt aus Kim Falkenberg, Tobias Feisthammel, Seyi Olajengbesi und Timo Achenbach. Trotz der Patzer im Spiel gegen die Eintracht durfte Stammkeeper Boy Waterman den Kasten hüten. Seinen Ersatz markierte Tim Krumpen, da David Hohs weiterhin mit einem Anriss des Syndesmosebands fehlt.
In den ersten Minuten der Partie gab die Alemannia ein ähnlich schwaches Bild wie zuvor ab, wie in über 80 Minuten gegen Eintracht Frankfurt. Als Anhänger der Schwarz-Gelben auf der Tribüne oder vor dem Fernseher malte man sich schon die nächste Niederlage in Folge aus, als sich die Jungs auf dem Platz plötzlich fingen und sicherer nach vorne spielten. Einem jeden hing in den Köpfen, was nur wäre, wenn man wieder mit leeren Händen in die Heimat zurückkehrte; wenn man durch die ständigen Niederlagen irgendwann so weit vom rettenden Ufer abgeschlagen wäre, dass jede Hilfe zu spät käme.
Jeder noch so winzige Schuss mit Aussicht auf Erfolg sorgte für pure Gänsehaut, dafür, dass die Herzen schneller schlugen und auszusetzen drohten, wenn nicht endlich einer von ihnen den Weg in den gegnerischen Kasten fand.
Doch die Alemannia ließ es wie bekannt langsam angehen. Die Elf von Trainer Friedhelm Funkel ließ sich zunehmend von den Hausherren in die eigene Hälfte drängen, was den Blau-Weißen eine gewisse Überhand vor allem in den Anfangsminuten sicherte.
Die "Null" sicherte der Alemannia in der jungen Spielzeit dahingegen nicht selten Boy Waterman. Der kritisierte Keeper wusste seine Fehler vom letzten Spieltag auszubügeln und ließ so eine Unsicherheit nicht spürbar werden.
Doch der KSC machte Druck, suchte immer wieder den Weg zum Tor - wenn es nicht aus dem Spiel heraus zu Großchancen führte, dann hämmerte Iashvili mal eben so einen fulminanten Freistoß auf den Kasten des Stammkeepers, wenn er nicht gerade dabei war, die Abwehrreihe der Alemannia ziemlich alt aussehen zu lassen, indem er unbedrängt in den Strafraum flankte, wo ein Abnehmer aus den eigenen Reihen schon wartete.
Nicht lange sahen sich die Alemannen dieses Spiel mit an, nahmen dann nämlich, mit zunehmender Spieldauer, die Führung selbst in die Hand - im wahrsten Sinne des Wortes: Nach einem schön rausgespielten Angriff über die rechte Seite flankte Kim Falkenberg das Leder perfekt in den Sechszehner. Auch wenn Kapitän Auer überfordert zu einem Abschluss nicht im Stande war, musste der Torerfolg nicht lange auf sich warten. Sergiu Radu markierte den Abstauber, indem er aus rund elf Metern in den Kasten von Keeper Robles traf.
Der Führungstreffer bestärkte die Gäste nicht nur im weiteren Spielgeschehen, sondern auch auf dem Weg in Richtung Kabine, auf welchen sie sich fast unmittelbar nach dem Erfolg aufmachten.
Unverändert schickten beide Trainer ihre Teams zurück auf den Rasen, denn was hätte Friedhelm Funkel auch für eine Absicht gehabt? Seine Alemannia lag, vielleicht etwas glücklich, mit 1:0 in Führung und hatte sich zumindest kurzzeitig in der Tabelle von den Abstiegsrängen entfernt - und das, was seine Elf nach der Halbzeit auf die Beine stellte, sah ebenfalls nicht danach aus, als habe man an den Personalien irgendeine Kleinigkeit zu ändern.
Schon wenige Minuten nach dem Wiederanpfiff kamen die Gäste nämlich prompt zur nächsten Großchance. Shervin Radjabali-Fardi hatte sich durchgesetzt und perfekt in den Strafraum geflankt, doch Kapitän Auer konnte das Geschenk des Linkaußen nicht verwenden. Ebenso wie Ray Yabo, der nur Minuten später ebenfalls auf des Gegners Seite scheiterte, fehlte ihm das Glück im Abschluss.
Die Alemannen schienen die Hausherren in der zweiten Hälfte komplett im Griff zu haben, näherten sich diese wenn überhaupt nur noch ganz langsam dem Kasten Boy Watermans. Der KSC versuchte sich mit unplatzierten Weitschüssen zu retten, was den Blau-Weißen allerdings nicht den gewünschten Erfolg bescherte. Jörn Andersen reagierte und brachte Fink für Haas (aufgrund einer Verletzung auch Stadler für Kempe), welcher im Karlsruher Offensivspiel noch einmal Gefahr ausüben sollte.
Und auch die letzten zwölf Minuten sollte jenes der Schwarz-Gelben noch einmal bestärkt werden, indem Trainer Funkel David Odonkor für Reinhold Yabo brachte. Im Gegensatz zum Wechsel der Blau-Weißen schien dieser allerdings gleich Früchte zu tragen, denn mit seinem ersten Ballkontakt hatte der "WM-Star" das 2:0 direkt auf dem Fuß liegen. Keeper Robles war im Kasten der Karlsruher allerdings zur Stelle.
Die Schlussphase drohte neuerlich spannend zu werden, konnte Waterman im 1 gegen 1 Duell mit Fink gerade noch parieren. Gleich darauf schickte Fardi Demai auf die Reise, dessen Pass Kapitän Auer allerdings nicht erreichte.
Und wenn man dachte, dass der Wechsel Uludags für Fardi der Spannung in den Schlussminuten einen Strich durch die Rechnung machen würde, der hatte sich gewaltig getäuscht! Denn der Türke schickte nur Sekunden nach seiner Einwechslung Odonkor auf die Reise, der Auer das Leder klasse auf's Knie legte. Der Kapitän musste nur hinhalten.
Wenige Minuten später ertönte der erlösende Pfiff im Wildparkstadion. Die Alemannia sicherte sich ihren ersten Dreier in der Ferne und schafft damit erstmals den Sprung auf einen Nichtabstiegsplatz. Punktgleich mit dem KSC befindet sie sich jetzt, der besseren Tordifferenz wegen, auf dem 15. Tabellenplatz. Schon am Sonntag empfängt man mit 1860 München einen Gegner vor heimischen Publikum, dem am Wochenende die Sensation gelang, die sich die Aachener schon in der letzten Woche erwünscht hatten: Eintracht Frankfurt schlagen.
Doch nach der Niederlage der Schwarz-Gelben beim Tabellenzweiten schenkt man diesem rund anderthalb Wochen später keine wirkliche Beachtung mehr. Denn von nun an liegt die vollste Konzentration in der Vorbereitung auf den neuen Gegner, gegen welchen man im drittletzten Spiel vor der Winterpause den dritten Saisonsieg einfahren möchte.
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