Alle guten Dinge sind drei
Ein Mutmacher der besonderen Art
Rudolf Harbig ist der Namensgeber des Stadions, das in seiner Gesamtheit dem Tivoli wohl am ähnlichsten sieht. Harbig war ein großer Leichtathlet seiner Zeit, hielt seine Rekorde im Lauf über 400 und 800 und 1000 Meter. Und auch der Dynamo gelang im gleichnamigen Stadion schon der ein oder andere Erfolg. Erst zu dieser Saison stiegen die Schwarz-Gelben mit ihrem Hexenkessel in die zweite Bundesliga auf, feierten in dieser bislang schon zwei Mal einen Erfolg vor heimischer Kulisse.
Auf ein Erfolgserlebnis warten die Tivoli-Kicker nach wie vor. Durch den Trainerwechsel erhoffte man eine Leistungssteigerung - die Tatsache, dass Trainer Funkel in seinen Partien gegen Union Berlin und den FSV Frankfurt allerdings keine Punkte einfahren konnte, spricht nicht gerade dafür.
Getreu dem Motto "Alle guten Dinge sind drei" sollte es in der dritten Begegnung unter Trainer Funkel endlich gelingen, die fälligen drei Punkte mit nach Hause zu bringen. Um für den Dreier zu garantieren stellte der Coach sein Team neuerlich um: Der wiedergenesene Abwehrmann Kim Falkenberg durfte in der rund 666 Kilometer entfernten Landeshauptstadt Sachsens sein Debüt feiern, nachdem er in den letzten Partien immer nur die Bank gewärmt hatte. Nicht einmal bis auf die Reservebank hatte es dahingegen Aimen Demai in den letzten Wochen und Monaten geschafft. Der Franzose war Mitte April mit sofortiger Wirkung vom Profikader suspendiert worden, genaue Gründe waren nie gefallen. Fakt war, dass der Mittelfeldmann unter Hyballa keine Chance mehr bekam, man hatte ihm sogar ans Herz gelegt, sich einen neuen Verein zu suchen, obwohl sein Vertrag noch längst nicht ausgelaufen war.
Trainer Funkel holte den abgeschobenen und längst abgeschriebenen Defensivmann nicht nur wieder zurück ins Boot, indem er ihn aktiv am Training Teil haben ließ; auch saß Demai am Samstag mit im Flieger in den Osten, stand dann, einen Tag später, überraschender Weise sogar in der Startaufstellung.
Weil Kevin Kratz kurzfristig aufgrund von Leistenproblemen passen musste, markierte Demai zusammen mit Bas Sibum die Doppelsechs vor der Abwehr. Diese bestand, neben dem Debütanten Falkenberg, aus Feisthammel, Olajengbesi und Achenbach. Während David Hohs im Kasten der Schwarz-Gelben erneut Boy Waterman vertrat, stürmten David Odonkor und Ray Yabo über die Flügel. Das erfahrene Sturmduo setzte sich aus Kapitän Auer und Sergiu Radu zusammen.
Dass die Alemannen in einer tiefen Krise stecken, sollte auch den Spielern auf dem Platz allmählich bekannt sein. Dennoch zeugte das Auftreten dieser nicht gerade davon, dass sie diese Tatsache in irgendeiner Hinsicht verunsicherte - ganz im Gegenteil. Die Alemannia bestimmte das Spiel der ersten Minunten, trat sicher und souverän auf und spielte sogar vor'm Tor ziemlich attraktiven Fußball. Die erste große Gelegenheit wurde durch Ray Yabo eingeleitet, der fast frei auf Keeper Hesl zu lief und das Leder dann knapp davor zu Odonkor querlegte. Der Ex-Nationalspieler verpasste die steile Hereingabe jedoch knapp.
Die Anfangsüberlegenheit legte sich jedoch wieder, als die Gastgeber von sich aus wieder mehr Wind in die Partie brachten. David Hohs musste jetzt häufiger eingreifen, hielt seinen Kasten jedoch stetig sauber und somit die "Null".
Eine unterhaltsame Partie, bei der eigentlich nur noch die Tore fehlten - so, wie bei eigentlich fast jeder der kürzlich absolvierten. Die Tivoli-Kicker brachte es in der aktuellen Spielzeit gerade einmal auf zwei Zähler! Das war nicht nur Rekordverdächtig sondern auch ausbaufähig.
Ein Treffer also sollte her, möglichst noch vor der Pause - und wer dafür bei der Alemannia zuständig war, wusste man ja: Tobias Feisthammel, der Innenverteidiger mit der wohl schlechtesten Trefferquote des gesamten Teams (wenn man das Training und die Erfahrungen der letzten Jahre mit einbezieht), war ausgerechnet derjenige, der bisher für alle Treffer der Schwarz-Gelben verantwortlich war. Und sogar, als die Anzeigetafel am Sonntag zum ersten Mal an diesem Tag ihr Ergebnis änderte und das dritte Saisontor der Gäste fiel, hatte der Blondschopf seine Finger mit im Spiel.
Ein eigentlich nicht gerade vielversprechender Freistoß aus rund 30 Metern hatte für die Euphorie gesorgt, denn kurz nach der Ausführung wurde im Sechszehner niemand geringeres als Tobias Feisthammel von einem Gegenspieler zu Boden gebracht. Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus zögerte nicht lange, "Klammern" hieß es, dann zeigte sie auf den Punkt.
Ein Schütze für den fälligen Strafstoß war schnell gefunden. Nach langer Pause durfte Aimen Demai antreten; der Franzose verwandelte sicher zum 1:0 Pausenstand, denn bis zum nächsten Pfiff passierte nichts mehr.
Der Trainer beließ es auch in Hälfte zwei bei seiner Anfangself, hatten durch den kurzfristigen Ausfall Kratz' schließlich nur fünf Feldspieler auf der Ersatzbank Platz genommen.
Wie im ersten Durchgang bestimmte Alemannia das Spiel nach der Pause. Bis an die Strafraumgrenze spielte man guten Fußball, doch darüberhinaus landete der Abschluss nie dort, wo er sollte: Und zwar hinter Keeper Hesl, in dessen Kasten. Die magere Torausbeute der Schwarz-Gelben war ihnen schon häufiger in dieser Saison zum Verhängnis geworden, beide Male zum Beispiel, als man selbst in Führung gegangen war.
Doch diesmal sollte es gar nicht erst dazu kommen, dass der Gegner das Spiel zu drehen bekam. Die glückliche Führung also galt es auszubauen, doch Yabo und auch "Tormaschine" Auer fehlte das Glück im Abschluss. Stiepermann sollte die Aachener Offensive noch einmal wachrütteln, kam rund 15 Minuten vor Schluss für den überzeugenden Aimen Demai.
Doch die Aachener ließen sich zu leicht hinten rein drängen, sodass Dynamo wieder ins Spiel fand. Keeper Hohs musste sich das ein oder andere Mal richtig lang machen, um das Leder noch mindestens mit den Fingerspitzen zu touchieren.
Und auch Kapitän Auer legte in den letzten Minuten des Spiels noch mal "Hand an" - im wahrsten Sinne des Wortes. Nach einem langen Ball in den Aachener Sechszehner war AuerDresdener reklamierten vergeblich, Bibiana Steinhaus schien den Alemannen drei Minuten vor Schluss den Sieg nicht mehr streitig machen zu wollen.
Die Anhänger hatten sich auf das Erfolgserlebnis eingestellt, auch wenn die Unparteiische noch einmal drei Minuten drauf packte. Der erste Sieg, in einem Stadion, dass dem eigenen so ähnlich sieht; bei einem Verein, der die gleichen Farben im Herzen trägt ... es wäre alles so schön gewesen, würde die Geschichte hier enden. Doch leider ist das Ende dieser Geschichte um einiges bitterer, denn die angesprochenen drei Minuten Nachspielzeit hatten es noch einmal in sich: Die erste Hereingabe der Dresdener konnten die Alemannen nur schwer aus dem Sechszehner klären. Nach langem Gewusel am Punkt gelang Yabo an das Leder, der damit an der Torauslinie durchstartete, den Ball allerdings ebenfalls nicht aus der Gefahrenzone schlug. Im Gegenteil, die Köln Leihgabe verlor den Ball an Bregerie, dessen Hereingabe erreichte Fort am langen Pfosten - die Nummer 9 musste nur noch hinhalten.
Niedergeschlagen und frustriert gingen die Tivoli-Kicker zu Boden, als Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus das Spiel daraufhin abpfiff. Sie hatten gekämpft, die Null gehalten - 93 Minuten lang - und wurden doch nicht belohnt.
Rudolf Harbig, der "Jahrhundert-Läufer" aus Dresden, hatte in seinem Leben als Leichtathlet wohl auch die ein oder andere Hürde zu meistern, obwohl er vielleicht kein Hürdenläufer war. Erst im Alter von 21 Jahren hatte Harbig mit dem Laufen angefangen - wenige Jahre später schon hielt er seinen ersten Weltrekord, der bei weitem nicht der einzige blieb. Als einziger Leichtathlet hielt Harbig gleichzeitig alle drei Weltrekorde über 400, 800 und 1.000 Meter, wurde Deutscher- und sogar Europa-Meister. Harbig hatte das erreicht, was ein jeder erlangen will: Erfolg. Die Alemannia wartet in dieser Spielzeit weiterhin vergeblich darauf.
Doch die Geschichte des jungen Sportlers zeigt, zu was ein Mensch im Stande sein kann. Auf gut Deutsch hatte Harbig erst spät den Arsch hoch gekriegt, hätte er schließlich viel eher schon anfangen können, zu trainieren. Doch die Tatsache, dass er, obwohl er vielleicht ein Spätzünder war, doch noch so viel aus seinem Leben gemacht hat, könnte möglicherweise ein bisschen Mut machen.
Gut ein Drittel der laufenden Spielzeit ist nach diesem Spieltag erst absolviert, womit dem Team von Trainer Funkel ein Großteil aller Spiele noch bevorsteht. Rein rechnerisch gesehen sind noch 69 Punkte im Topf, von denen es jetzt gilt, so viele wie möglich auf's eigene Konto zu schaufeln. Mit den ersten drei Punkten könnte man bereits am Sonntag beginnen, indem man gegen Ligarivale FC Ingolstadt den ersten Dreier der Saison einfährt.
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