, , ,

Marmor, Stein und Eisen bricht!



Es waren die Bilder des Spiels, als sich Friedhelm Funkel nach der Partie gegen seinen Ex-Klub am Mittelkreis von jedem einzelnen Spieler verabschiedete. Die Rückkehr des erfahrenen Fußballlehrers überschattete das eigentliche Derby, was bei der Alemannia so auch noch nie vorgefallen war.
Ein Meisterschaftsspiel gegen den VfL Bochum bedeutete vor allem für die Schwarz-Gelben stets pralle Derbystimmung. Mit rund 2.000 Mann waren die Anhänger der Tivoli-Kicker nach Bochum gereist, um nach dem vielversprechen, ersten Sieg ihrer Elf vom vergangenen Spieltag auf den nächsten zu hoffen.
Personell gesehen standen die Zeichen vor dem Flutlichtspiel nämlich  noch besser als bei der Begegnung gegen Ingolstadt: Bas Sibum konnte nach abgesessener Gelb-Sperre auf seine alte Position zurück kehren, womit er Manuel Junglas wieder zurück auf die Ersatzbank kickte. Die Doppelsechs stellte sich daher aus dem Holländer und Aimen Demai zusammen, während David Odonkor und Ray Yabo über Außen kamen. Unverändert durfte Radu abermals neben Auer ran, die Abwehrreihe setzte sich wie in der letzten Woche aus den bekannten Gesichtern zusammen. Lediglich im Kasten der Schwarz-Gelben sollte der nächste Wechsel vollzogen werden: Der wiedergenesene Stammkeeper Waterman ersetzte den starken Krumpen der letzten Woche. Weil sich David Hohs zuvor das Syndesmoseband angerissen hatte, durfte der Schlussmann der zweiten Mannschaft seinen Ersatz markieren.

Nicht geschwächt von der Pokalpartie, welche die Blau-Weißen unter der Woche noch austragen mussten (4:1 gegen Unterhaching), kam die Elf von Andreas Bergmann besser in die Partie. Die Gäste standen sehr tief, was den Kickern aus dem Ruhrpott kaum entgegen kam. 
Durch Standards allerdings waren die Blau-Weißen gefährlich, gewannen die Mehrheit an Zweikämpfen und bereiteten Aachens Schlussmann mit ihren häufigen Abschlüssen aus der Entfernung schon früh Probleme. Doch Waterman ließ sich von den Angriffen der Gastgeber nicht beirren und pushte seine Jungs nach vorne, was mitunter auch zum Erfolg hätte führen können. Denn die erste Möglichkeit der Tivoli-Kicker hatte sich direkt sehen lassen können: Nach einer Ecke durch Timo Achenbach kam plötzlich Olanjengbesi, der Überraschungs-Torschütze der letzten Woche, ans Leder, zog allerdings unglücklich am Tor vorbei.
Auch wenn die Aachener alles ins Spiel warfen - viel kam bei dem Ganzen nicht heraus. Eine ganze Weile lang prägten Fehlpässe im Mittelfeld die Partie, vorne war Alemannia nicht aggressiv genug und hinten stand man neuerlich viel zu offen. Somit war es nur eine Frage der Zeit, bis die Bochumer die Defizite ihrer Gegner zu ihrem eigenen Vorteil verwendeten. Die Alemannen ließen den Gastgebern Raum zu Spielen - und wurden damit kurz vor Ende der ersten Halbzeit dann selbst bestraft: Inui kam aus rund 20 Metern völlig frei zum Ball und ließ mit seinem nur leicht plazierten Schuss Keeper Waterman ziemlich alt aussehenen.

Die 1:0 Pausenführung der Bochumer hinderte die mitgereisten Fans in ihrer Kurve nicht daran, ihr Team weiter mit guter Stimmung zu versorgen. Nach 45 Minuten wurden die Kicker mit dem Spruch "Kämpfen, Aachen, Kämpfen und Siegen!" in die Kabine verabschiedet, was neben der harten Ansprache des Trainers zum Erfolg in der zweiten Halbzeit führen sollte.
Und als hätte man es herbei geschworen: Die Alemannen kamen in Hälfte Zwei tatsächlich besser ins Spiel als die Hausherren. Trainer Funkel hatte einen ungewohnt frühen Wechsel vollzogen, indem er für den schwachen, gelb-vorbelasteten Odonkor Manuel Junglas gebracht hatte. Weil Junglas wieder über Rechts kommen sollte, rückte Ray Yabo zurück auf Linksaußen, was der Köln-Leihgabe deutlich entgegen kam: Auf alter Position startete Yabo schon wenige Minuten nach Wiederanpfiff durch, umkurvte einige Bochumer Abwehrmänner und zog dann schlussendlich auch noch selber ab. Luthe kam im Kasten der Blau-Weißen gerade noch an's Leder.
Der Schlussmann aus dem Ruhrgebiet wurde in den kommenden Minuten immer wieder in Szene gesetzt, weil die Aachener Offensivmannschaft jetzt die Führung übernahm. Immer wieder kreuzte der eingewechselte Manuel Junglas im gegnerischen Sechszehner auf, konnte allerdings nicht einmal kaltblütig vollstrecken.

Alemannia hatte die größeren Spielanteile, doch dass man vor'm Tor generell nicht gerade die größte Gefahr ausstrahlt, wird schon dann sichtbar, wenn man einen Blick auf die Tabelle wirft. Mit dem Remis des FC Ingolstadt beim Tabellenzweiten aus Frankfurt ist die Alemannia Tabellenletzter. Gerade einmal sechs geschossene Tore zieren die Statistik, das ist - immer noch - ein absoluter Negativrekord.
Dass man die schlechteste Offensivmannschaft im bezahlten Profifußball besaß, sollte selbst bis in den Ruhrpott langsam vorgedrungen sein, was im Laufe der zweiten Halbzeit dazu führte, dass sich die Bochumer immer weiter in die eigene Hälfte drängen ließen. Nun stand der VfL tief, sodass die Alemannia nur noch aus der Distanz zu einem Abschluss kam. Bas Sibum hatte eine Viertelstunde vor Schluss die größte Möglichkeit aus rund 30 Metern, sein Schuss ging jedoch knapp am Tor vorbei.
Es sah mal wieder danach aus, als würde die Alemannia ein Spiel aus der Hand geben, dass man in der zweiten Halbzeit vielleicht sogar noch hätte drehen können. Die eingewechselten, neuen Kräfte, wie Stiepermann und Uludag, konnten in den letzten Minuten auch nicht mehr die Akzente setzen, die man sich gewünscht hatte, sodass der Coach nur noch einen Apell an sein Team hatte: "Schmeißt jetzt alles nach vorne!"
Diese Ansprache schien Früchte zu tragen; ein Mann, den man - wenn überhaupt - nur bei Standards vor dem gegnerischen Tor vorfand, wurde in der 90. Minute von Torhüter Luthe zu Fall gebracht. Es war wieder einmal Tobias Feisthammel, seines Zeichens Torschützenkönig der Alemannia (und das als Innenverteidiger!), der einen Elfmeter für sein Team rausholte. Mit der gelben Karte war Luthe gut bedient, hätte es für den Schlussmann der Blau-Weißen schließlich auch glatt Rot geben können. Doch der Stammkeeper hatte noch einmal Glück gehabt und sollte somit wenigstens die Chance bekommen, seinen Fehler wieder glatt zu bügeln. Der bereits aussortiert gewesene Aimen Demai sollte den späten Erfolg der Aachener garantieren - doch er scheiterte. Der sichere Elfmeterschütze der letzten Wochen hatte sich die falsche Ecke ausgesucht, mit seinem schwach geschossenen, unplatzierten Schuss hatte er es Luthe dazu noch umso leichter gemacht.

Mit dem Strafstoß ertönte der Schlusspfiff im alten Ruhrstadion. Nach dem vielversprechenden Sieg über den FC Ingolstadt folgte in Trainer Funkels alter Heimat der nächste, herbe Rückschlag. Nach der Niederlage im Bochumderby sanken die Köpfe der 2.000 mitgereisten Fans gen Boden - dahin, wo sich die Alemannia momentan befindet. Als Tabellenschlusslicht, ganz unten - trotzalledem ertönten weder Pfiffe noch böse Worte, während die Heimfans ihr Gewinnerteam feierten. "Marmor, Stein und Eisen bricht!", hallte es aus der Gästekurve. "Aber Alemannia nicht. Alles, alles geht vorbei, doch wir bleiben treu - treu!"
Und vielleicht gab wenigstens das Kraft, zu Hause - vor voller Hütte - den nächsten Erfolg einzufahren.

0 Kommentare »