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Das Spiel geht weiter

Alemannia enttäuscht auch gegen Erfurt. Lichtblick: „Flo“ Müller!




Die Worte waren hart, die Pfiffe waren laut. Als am Dienstagabend der Schlusspfiff ertönte, hagelte es am Tivoli ordentlich Kritik. Auch wenn diese weitesgehend destruktiv und in Form von unangenehmen Pfiffen über die Ränge hallte, musste sich ein jeder eingestehen: Sie war berechtigt.
Denn über weite Strecken hatte die Alemannia nicht beweisen können, dass sie zurecht als Favorit in diese Partie gegangen war. Gegen einen Gegner wie den FC Rot-Weiß Erfurt, der am Samstagabend erstmals gegen die desolaten Vorstellungen in den bisherigen Ligaspielen vorgegangen war und als Tabellenletzter Trainer Emmerling den Laufpass gegeben hatte, hatten die Erwartungen aller über dem Gezeigten gelegen. Wieder einmal wurde ein Beispiel dafür aufgezeigt, dass in dieser Liga ein jeder einem jeden Konkurrenz machen kann. Geht man zu leichtsinnig in eine Partie, die gegen einen in der Tabelle schlechter platzierten Gegner ausgetragen wird, so wird man häufig böse überrascht, kann vorgegebene Erwartungen nicht erfüllen. Dies könnte mitunter ein Grund dafür gewesen sein, dass die Alemannia in den letzten drei Begegnungen mit Mannschaften aus dem Unterhaus (Kickers Offenbach, Karlsruher SC und Rot-Weiß Erfurt) nicht siegreich sein konnte. 
Doch diese Spiele zeigten viel mehr als das. Schwarz-Gelb tut sich schwer, steht der Gegner tief in der eigenen Hälfte, ihr eigenes Spiel selbstständig aufzuziehen. Ein einziger Moment der Unachtsamkeit genügt der Gegenseite dann meistens, die Alemannia für ihre fehlende Durchschlagskraft zu bestrafen - so wie auch am Dienstag, als es einem besonderen Mann zu verdanken war, dass man trotz fehlenden Impulsen am Ende nicht als Verlierer vom Platz ging.

Denn für Florian Müller hätte es kein besserer Einstand werden können. Zwei Jahre ist es her, dass der 26-Jährige letztmals in der Startelf gestanden hatte. Nach seinen beiden Kreuzbandrissen in den Jahren 2010 und 2011 feierte „Flo“ schon in Bielefeld am Anfang dieser Saison sein Debüt. Beim Remis gegen den Tabellenführer wurde er acht Minuten vor Schluss eingewechselt. Erst am Samstag durfte der Mann für die Außen beim Spiel gegen den Karlsruher SC dann wieder ran. In Minute 34. kam der gebürtige Eisenhüttenstädter für den enttäuschenden Marcel Heller und machte dabei einen solch guten Eindruck, dass er drei Tage später auch am heimischen Tivoli sein Debüt feiern konnte. Neben Streit, Kefkir und Brauer tauchte auch der Name Müller in der Startaufstellung auf - doch damit nicht genug. Besonders in Erscheinung trat „Flo“ erst, als rund zwanzig Minuten nach Spielbeginn sein Name wieder auf der Videowand aufleuchtete - und dieses Mal mit besonderem Grund: Seinem ersten Tor.

Getrübt wurde die Freude über seinen ersten Treffer von jenem, der rund zehn Minuten zuvor am Tivoli gefallen war. Denn Keeper Tim Krumpen hatte schon früh im Spiel erstmals hinter sich zu greifen. Es schien, als habe die Abwehrreihe um Fabian Baumgärtel, Seyi Olajengbesi, den herausstechenden Mario Erb und Kai Schwertfeger für einen Moment geschlafen, als Alemannia den ersten Rückschlag in diesem Spiel einstecken musste. Das Team von Interimscoach Preußer ging in Führung - und das war nur der Anfang. Denn wenige Minuten später gleich der nächste Schicksalsschlag: Verletzungsbedingt musste Sascha Rösler den Platz verlassen. Wie heute diagnostiziert zog sich der Routinier einen Kreuzbandriss zu und fällt damit nun mindestens sechs Monate aus. Für ihn kam Freddy Borg. 

Doch der schwedische Neuzugang, der vor allem in den Vorbereitungsspielen zusammen mit Timmy Thiele, der direkt hinter der einzigen Spitze agierte, ein sehr gutes Bild von sich gegeben hatte, enttäuschte wieder auf ganzer Linie. Nicht ein einziger Ball erreichte den Stürmer, doch allein mit seinen Sorgen war er nicht. Denn das Spiel war nun geprägt von unnötigen Ballverlusten und Fehlern im Spielaufbau - sowohl bei Schwarz-Gelb als auch bei Rot-Weiß. So war ein jeder auf dem Tivoli froh, als Schiedsrichter Timo Gerach nach rund fünfundvierzig Minuten erstmals zur Pfeife griff und zum anschließenden Pausentee lud.

An ein Aufbäumen in Halbzeit Zwei wurde in der Halbzeitpause zumindest auf den Rängen nicht im geringsten gedacht. Denn immer, wenn man in den Partien zuvor Hoffnung auf Besserung hatte, wurde diese eiskalt zunichte gemacht. Personell unverändert stiegen beide Seiten wieder in's Spiel ein und zeigten gleich, dass man sich mit dieser Annahme ausnahmsweise mal nicht getäuscht hatte.
So plätscherte die Partie dahin. Das Publikum wurde von Minute zu Minute ungeduldiger, spielte sich auf dem Platz schließlich wieder ähnliches ab, wie in den Wochen zuvor. Trainer Ralf Aussem reagierte nach rund einer Stunde und brachte für den schwachen Oguzhan Kefkir Offensivmann Sascha Marquet.
Und auch Florian Müller verließen wenige Minuten später die Kräfte. Mit einem Krampf ging der Torschütze zu Boden und in den Köpfen der Fans spielten sich schon wilde Szenarien einer erneuten Verletzung ab. Doch für ihn ging es noch weiter, für ein paar Minütchen, dann nahm ihn Coach Aussem doch vorsichtshalber vom Platz. Die letzten zwanzig Minunten sollte Marcel Heller seinen Platz einnehmen.

Und der Flügelflitzer bekam auch noch die Chance, sich für seine desolate Vorstellung am Samstag zu entschuldigen. Der 26-Jährige lief wenige Minuten vor Schluss alleine auf den Kasten Rickerts zu und hätte Schwarz-Gelb glücklich noch in Führung bringen können, doch sein zu eigensinniges Verhalten im Abschluss machte dem einen Strich durch die Rechnung. 
Auch Timmy Thiele, von dem man im Spiel ebenfalls selten etwas gesehen hatte, bekam noch die Chance, alles klar zu machen, doch auch er vergab eine Großchance in der letzten Spielminute.

So blieb es nach neunzig Minuten bei einem beschämenden Remis gegen den Tabellenletzten aus Erfurt. Wieder hat sich gezeigt, dass die dritte Liga eine verdammt harte ist, von der man nicht erwarten kann, dass die Alemannia - vor allem nach dem Abstieg und mit einem komplett neu zusammengestellten Kader - so durch sie hindurchmarschieren kann. Es bedarf einer gewissen Zeit, bis sich ein gesamtes Team darauf eingestellt hat und zusammen zu einem Ergebnis kommt, das Erfolg verspricht. Und Erfolg verspricht diese Mannschaft ohnehin, sieht man sich allein die Vorstellungen in der Vorbereitung, den ersten Spielen der Saison oder auch jener im DFB Pokal an. Vielleicht muss man ihr nur ein wenig Zeit geben.

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