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In freiem Fall

Nach Niederlage in Rostock nähert sich die Alemannia dem Abgrund


"Erst hatten wir kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu" - so oder so ähnlich hätte Cheftrainer René van Eck nach der Partie bei Ligakonkurrent Hansa Rostock ein enttäuschtes Resümee geben können. Doch stattdessen regierte der Frust - und das nicht nur bei Alemannias Oberhaupt. Denn trotz größter Anstrengung musste sein Team die Heimreise auf's Neue mit leeren Händen und dem Wissen antreten, in den kommenden Spielen auf einen weiteren Bestandteil der Startformation verzichten zu müssen.

Doch der Ausfall Timmy Thieles, der die Position des verletzten Kapitän Streits belegte, ist im Gegensatz zu den anderen nicht verletzungsbedingt. Denn der Angreifer, der erst zuletzt wegen einer Verletzung an der Hand lange ausgefallen war, sah nach einem Foulspiel an Leemans glatt Rot und musste damit schon nach zehn Minuten den Platz verlassen. Das Team aus der Kaiserstadt, das zuvor relativ gut in die Partie gestartet war, musste früh einen herben Rückschlag einstecken und fortan in Unterzahl agieren.
Übungsleiter van Eck reagierte wider Erwarten nicht mit personellen Veränderungen auf die zweifelhafte Entscheidung des Unparteiischen. Durch den Ausfall des Offensivallrounders wurden nun mehr Marcel Heller und Oguzhan Kefkir gefordert, die bisweilen zusammen mit Denis Pozder das Offensivtrio gebildet hatten. Direkt dahinter hatte van Eck erneut sein Vertrauen in Sechser Brauer und Kollege Schwertfeger gesteckt. Im Vergleich zur Mittelrhein-Pokal-Partie gegen den SV Eilendorf übernahm Abwehrchef Thomas Stehle wieder das Kommando in der Viererkette vor Keeper Melka, die von Neuzugang Weber, Seyi Olajengbesi und Fabian Baumgärtel komplettiert wurde.

Das plötzliche Unterzahlspiel hatte keinen sichtbaren Eingriff ins Spielgeschehen. Alemannia nahm den Rückschlag gefasst und ließ sich in ihrem Spiel nicht beirren. Im Gegensatz zu den Gastgebern, die als bester Absteiger aus Liga 2 leicht einen Vorteil aus der Situation hätten schlagen können, spielte sich das Team vom Tivoli gute Chancen heraus, war aggressiver und hatte alles in allem mehr vom Spiel. Zur verdienten Führung sollte es dennoch wieder nicht reichen. Sowohl Marcel Heller als auch Kefkir, Pozder, Schwertfeger und Baumgärtel ließen die größten Chancen des Spiels liegen, und brachten damit nicht nur Trainer van Eck sondern auch die Fans auf den Rängen und vor den Bildschirmen in Missstimmung.
Denn die schlechte Chancenverwertung der Gäste konnten die Hausherren nicht teilen - ganz im Gegenteil! Während von den Hanseaten im gesamten Spiel so gut wie keine zählbare Chance ausgegangen war, genügte ihnen lediglich ein Versuch, um den Torerfolg zu erzielen. Keeper Melka, der sich beim Schuss von Smetana deutlich verschätzte, konnte das Leder nur noch aus den Maschen fischen.
Keine Minute vor dem Pausenpfiff war der Gegner unverdient in Führung gegangen - und die Alemannia hatte lediglich zehn Mann zur Verfügung, den Spielstand wieder ins Hinnehmbare zu lenken.

Trainer van Eck griff auch zur Halbzeitpause nicht mit personellen Wechseln ins Spiel ein und ließ sein Team unverändert das ausbüßen, was es sich eingebrockt hatte: Einen Rückstand trotz klarer Überlegenheit.
Wieder einmal genügte eine Unachtsamkeit, um den Gegner in Führung zu bringen und sich selbst das Ruder damit aus der Hand reißen zu lassen. Doch ähnlich wie beim Platzverweis Thieles reagierte man besonnen auf den neuen Spielstand und machte dort weiter, wo man vor der Pause aufgehört hatte: Sich wunderschöne Torchancen herausspielen und sie dann nicht verwandeln.

Für die Alemannia schien kein Funke Glück übrig zu sein. Jedes Mal, wenn ein Kicker aus der Soers vor Keeper Müller auftauchte, blieb der Mann mit der Nummer neunzehn Sieger. Der holländische Chefcoach reagierte und brachte im Laufe des Spiels gleich drei neue Kräfte. Neben Marquet und Herröder durfte in den letzten Minuten auch Ex-Rostocker Freddy Borg ran, der gleich die Chance bekam, sich zu beweisen - mit zumindest vorübergehendem Erfolg.
Denn in des Schweden alter Heimat waren nur noch wenige Sekunden zu spielen, da netzte der glatzköpfige Offensivmann zum 1:1 Unentschieden ein. Alemannias Kämpfen in Unterzahl schien sich ausgezahlt zu haben, das Team - allen voran Freddy Borg - machte sich zum feiern schon auf in Richtung Gästekurve, da wurde die herrschende Vorfreude jäh gestoppt. Der Linienrichter, der in all dem Trubel zur Nebensache geworden war, hatte längst die Fahne gehoben. Alemannia schien das Glück endgültig verlassen zu haben. Die minimale Abseitsstellung Borgs (wenn es nicht einmal gleiche Höhe war!) wollte der Unparteiische angeblich mit bloßem Auge erkannt haben - all Meckern war zwecklos, die Entscheidung war unwiderruflich. Alemannia sollte in diesem Spiel nichts mehr reißen, denn wenig später war Schluss in der Rostocker DKB-Arena. In Unterzahl musste sich die bessere Alemannia einem Team geschlagen geben, dass in neunzig Minuten einmal Glück gehabt hatte. Dieses Glück könnte auch Schwarz-Gelb gut gebrauchen, denn auch wenn man durch die Niederlage Halles in der Tabelle einen Platz nach oben geklettert ist, sieht es am Tivoli zur Zeit alles andere als rosig aus. Alemannia scheint sich in freiem Fall in Richtung Abgrund zu bewegen - sowohl sportlich als auch finanziell - und weiß sich bald nicht mehr selbst zu retten.

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