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Eine Partie mit Testspielcharakter

Sascha Herröder: "Für unsere Fans müssen wir weiterhin kämpfen."


Wo noch vor wenigen Monaten große Euphorie herrschte was den Neustart der Alemannia in Liga 3 betraf, werden nun nur noch die Köpfe hängen gelassen. Kurz nachdem die Shirts mit dem Aufdruck "Gemeinsam zum Klassenerhalt" in den Schrank gehängt wurden, werden nun jene getragen, die den Schriftzug "Rettung - mit mir" enthalten.
Denn nach dem Schritt in die Insolvenz fehlt dem Schwarz-Gelben Kultklub Geld an allen Ecken. Während die letzten beiden Heimspiele diesen Jahres bereits gerettet seien, bange man noch darum, den Spielbetrieb am Tivoli auch im nächsten Jahr aufrecht erhalten zu können. Gelingt dies nicht, so schreiben die Statuten des DFB eine Liquidierung des Vereins vor.

So wenig wie möglich sollte das Geschehen in den oberen Etagen des Vereins allerdings jene irritieren, die auf dem Platz jetzt nur noch um die Ehre spielen. Auch wenn es noch möglich ist, den Insolvenzantrag bis zum 30. Juni zurück zu ziehen, ist es unwahrscheinlich, die nötige Menge an Geld in so kurzer Zeit aufzutreiben.
Doch dieses Rettungsmanöver brächte ohnehin nur dann Erfolg, stände die Mannschaft zum Saisonende auch sportlich überm Strich - angesichts der Tatsache, dass ein Großteil des Kaders wohl zum Winter hin abdanken wird, ist jedoch auch dies nicht anzunehmen.
 
Jedes nun folgende Spiel gewinnt daher Testspielcharakter - der einzige Unterschied: Bei einem Testspiel ist der Rückhalt der Fans selten so groß, wie er es beispielsweise am Samstag war, als Schwarz-Gelb am heimischen Tivoli auf den Tabellenführer aus Osnabrück traf.


Knapp 12.000 Zuschauer fanden bei eisigen Temperaturen den Weg an die Stätte, von der man noch nicht genau weiß, wie es in Zukunft bei ihr weitergeht. Trainer René van Eck, der abgesehen von den Langzeitverletzten um Rösler, Demai & Co. auf den gesamten Kader zurückgreifen konnte, veränderte seine Elf im Vergleich zur Partie in Stuttgart nur auf wenigen Positionen. Der ehemals Gelb-Rot gesperrte Kapitän Streit kehrte dabei in die Startformation zurück und ersetzte Thiele auf seiner gewohnten Zehnerposition. Zudem bekam U19-Talent Drevina die Chance, sich zu profilieren. Für ihn nahm Andersen auf der Bank Platz.
Der Rest blieb unverändert: Die Viererkette vor Torhüter Melka bildete sich aus Baumgärtel, Olajengbesi, Herröder und U23-Außenverteidiger Robert Wilschrey. Zusammen mit Drevina bildete Schwertfeger die Doppelsechs, während  Heller zusammen mit Leipertz und Müller den offensiven Teil markierten.

Von den Hiobsbotschaften, die das Team in den letzten Wochen ereilte, ließ sich die Elf auf dem Platz nichts anmerken und kam viel besser als der Tabellenführer aus Osnabrück ins Spiel. Selbstbewusst und offensiv trat man auf - jetzt, wo man schließlich nichts mehr zu verlieren hatte -, bot dem Publikum den Fußball, den man sich alle Wochen zuvor so gewünscht hatte.
Schwarz-Gelb hatte klar mehr vom Spiel, kam viel häufiger als die Veilchen vor das Tor von Keeper Riemann. Der zwingende Abschluss jedoch fehlte, weswegen die Überlegenheit keinen Weg auf die Anzeigetafel fand.
In den Folgeminuten bekamen dann auch die Gäste einen größeren Anteil am Spielgeschehen. Indem sie sich in die eigene Hälfte stellten und auf Konter warteten, machten sie den Hausherren ein Durchkommen schwer, die schwachen Hereingaben aus der zweiten Reihe waren dann keine Probleme mehr für den gestandenen Torhüter der Osnabrücker.
Es dauerte lange, bis die Überlegenheit von Schwarz-Gelb in Ausgeglichenheit überschwang. Der klar stärkere Part zeigte nicht viel von dem, das ihn dazu berechtigte, seit Wochen an Tabellenspitze zu stehen. Schwarz-Gelb dahingegen kämpfte, wollte Zuschauern und Fans beweisen, dass man sich nun nicht hängen lassen wollte. Die magere Chancenverwertung und der nun erhöhte Druck der Gäste trug jedoch mit dazu bei, dass es auch zur Halbzeitpause mit einem 0:0 Unentschieden in die Kabinen ging.

Als Schiedsrichter Wolfgang Stark die Partie wieder anpfiff, starteten beide Teams ohne personelle Wechsel vorgenommen zu haben. Obwohl man durch die vielversprechende Anfangsphase der Gäste den Eindruck bekam, ihr Zug zum Tor würde sich in den Folgeminuten noch verschärfen, schien Alemannias Anfangszurückgezogenheit nur die Ruhe vor dem Sturm zu markieren. Schwarz-Gelb drängte die dominanten Osnabrücker zurück in ihre Hälfte, waren nun wieder klar überlegen und suchten stets den Weg zum Tor. Doch wo einst kein Glück war, kam nun auch noch Pech dazu: Gefühlte tausend Mal traf man Alluminum statt die weißen Maschen, blieb im Duell mit Torhüter Riemann stets Verlierer.
Dass man auch am Ende dieses Spiels als Verlierer vom Platz gehen sollte, war eine gute Viertelstunde vor Spielende noch nicht auszudenken. Als die Kräfte der Hausherren nachließen, begannen die Osnabrücker wieder Druck aufzubauen. Ein Schuss genügte, um das Ergebnis auf der Videowand in die Höhe schießen zu lassen. So sehr sich die Alemannia auch noch bemühte, dieses in den Schlussminuten wieder auszugleichen, musste sie sich nach neunzig Minuten mit einer erneuten Niederlage zufrieden geben. Trotz fabelhafter Unterstützung der Fanschaft tritt man nun schon am kommenden Samstag als Tabellenvorletzter erneut vor heimischen Publikum gegen die Arminia aus Bielefeld an.

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