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Kein-Glück-Spiel

Alemannia und Hansa trennen sich torlos im Tivoli-Casino 

 


Ganz egal, ob man am Karnevalssonntag dem närrischen Treiben nachging und sich verkleidet an die Straßen stellte, oder – meist ähnlich kostümiert – den Tivoli aufsuchte: Zu warten hatte man in beiden Fällen. Denn das Schneetreiben sorgte nicht nur auf den Straßen dafür, dass die Festwagen kein Durchkommen mehr hatten. Auch dort, wo normalerweise Fußball gespielt wurde, war ein solcher nicht mehr möglich – da waren sich zumindest Verantwortlichen beider Klubs einig. Denn der Platz seie "unbespielbar gewesen", ein normales Spiel so nicht möglich. Zudem seie die Gefahr, dass sich die Spieler auf dem suboptimalen Boden verletzten, viel zu hoch gewesen. Doch Schiedsrichter Wingenbach sah das anders: Der 33-Jährige verschob den Anpfiff erst auf unbefristete Zeit nach hinten, entschied dann, 40 Minuten später, doch spielen zu lassen. "Ich sah keine erhöhte Verletzungsgefahr. Wenn auf dem Platz jetzt eine einzige Eisfläche gewesen wäre, hätte ich die Aufregung verstanden, doch es lag ja nur ein wenig Schnee."

Der "wenige" Schnee hatte den Rasen allerdings komplett aufgeweicht, ließ den Platz mehr einem Acker als einem normalen Fußballplatz gleichkommen. Doch den Worten des Schiedsrichter folgend mussten beide Cheftrainer, wenn auch empört über diese Entscheidung, ihre Teams gegen 14:10 Uhr auf's Feld schicken. Friedhelm Funkel ließ sowohl Aimen Demai als auch Alber Streit nach ihrem Fehlen am vergangenen Spieltag zurück in die Startelf kehren. Für die beiden Mittelfeldmänner mussten Shervin Radjabali-Fardi und Kevin Kratz weichen, Bas Sibum und Alper Uludag komplettierten das Aufgebot im Mittelfeld. Ansonsten änderte sich nichts: Wie gewohnt durfte Sergiu Radu neben Kapitän Auer ran, die Viererkette bildete sich aus Kim Falkenberg, Seyi Olajengbesi, Tobias Feisthammel und Timo Achenbach. Den Kasten sollte Boy Waterman nicht nur von Schnee sondern auch vor Gegentreffern befreien. David Odonkor nahm überraschender Weise dieses Mal nichtmal auf der Bank Platz.

Ein flacher Ball war auf dem schneebedeckten Boden nahezu unmöglich, da die Kugel kaum rollte. So suchten beide Mannschaften einen Ausweg über lange Bälle, die dann meist aber keinen Abnehmer fanden. So beschränkte sich das Spiel auf das mindeste: Die Pille flog ziellos umher, einzig dann herrschte einmal "Torgefahr", wenn die Flanke in den Strafraum nach einem ruhenden Ball kam: Nämlich nach einem Standard. Doch die Anfänge waren ebenfalls nicht befriedigend, denn sowohl Timo Achenbach auf Aachener- sowie Timo Perthel auf Rostocker-Seite fanden zwar die Köpfe ihrer Mitspieler, doch diese konnten vor dem gegnerischen Kasten nicht verwerten.
Die schlechten Platzbedingungen zeigten ihre Wirkung, in Halbzeit Eins hätten sich die über 14.100 Zuschauer wohl gewünscht, den Karnevalssonntag lieber damit verbracht zu haben, wofür er gemacht worden war – nämlich mit Karneval. Doch dieser Gedanke stoppte wenige Minuten vor der Pause, als auf dem Rasen plötzlich wilde Aufruhr herrschte: Benjamin Auer wurde im gegnerischen Strafraum von Keeper Müller von den Beinen gerissen und prüfte den Boden neuerlich auf seine Verhältnisse. Der Stürmer reklamierte, die Fans tobten – doch Schiedsrichter Wingenbach ließ weiterspielen, entschied nicht auf einen fälligen Strafstoß. Der Hexenkessel Tivoli bebte nach dieser klaren Fehlentscheidung und der Unparteiische machte sich wenige Minuten später neuerlich unbeliebt, als er mitten in einem Angriff der Schwarz-Gelben zur Pause pfiff.

Die Gemüter waren auch nach 15 Minuten immer noch erhitzt – ähnlich wie die Seite des Spielfelds, die in der Zeit eine Sonneneinstrahlung genossen hatte und nun zumindest von der Schneefläche befreit war – doch Friedhelm Funkel entschied sich, seiner ruhigen Art treu zu bleiben und tobte nicht am Spielfeldrand. Er schickte seine Elf unverändert auf den Platz, der trotz verbesserter Verhältnisse immer noch nicht optimal war. Denn vor'm Tor waren die Stürmer weiterhin wie eingefroren, Torraumszenen ergaben sich selten – und wenn, dann konnten sie nicht genutzt werden, weder von Hanseaten wie Marek Mintal oder Timo Perthel, noch von den Kaiserstädtern um Auer, Streit & Co.

So blieb es nach 90 Minuten bei einer frostigen Rutschpartie, die mit einem torlosen 0:0 Remis endete. Während der Ostseeklub froh ist, einen Punkt aus Aachen mitnehmen zu können, sind die Verantwortlichen auf der anderen Seite immernoch darüber empört, dass das Spiel überhaupt angepiffen wurde. Friedhelm Funkel betitelte das Spiel als ein "Glücksspiel" und die wären ja, wie bekannt, "unter freiem Himmel in Deutschland verboten." Sportdirektor Meijer griff noch höher: "Unter normalen Umständen hätten wir Hansa heute geschlagen."

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