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Verlorene Punkte in Ingolstadt

Alemannia überzeugt und sichert doch nur einen Punkt!




Es ist schwer die richtigen Worte für das zu finden, was man am Sonntagnachmittag gefühlt und erlebt hat, als vor dem Gästeblock diejenigen in die Knie gingen, die über neunzig Minuten um das nackte Überleben ihres Vereins gekämpft hatten. Nicht nur einmal war man im Audi Sportpark in Führung gegangen, war immer da wieder zurückgekommen, wo der ein oder andere schon längst die Flinte ins Korn geworfen hätte. Man hatte dem rettenden Erfolg nahezu ins Auge geblickt – und am Ende dennoch nicht gewonnen.

Umso enttäuschter waren die Gesichter der 800 Seelen, die ihre Mannschaft ins rund 570 Kilometer entfernte Ingolstadt begleitet hatten. Ihr Team hatte sich bemüht wie noch nie und dabei die wohl beste Leistung der Saison gezeigt, doch wieder einmal wurde man dafür nicht belohnt. Einen großen Teil dazu trugen die Unparteiischen bei, die durch fragwürdige Entscheidungen das Spiel bestimmten. Die dadurch entstandene Unsicherheit, die Selbstzweifel und der eigene Leistungsabbau verstärkten dabei nur noch das Gefühl, dass es am Sonntag einfach nicht hat sollen sein.

Dabei hatte sich Ralf Aussem nichts sehnlicher gewünscht, als bei seinem ersten Auftritt als Alemannen-Coach im neuen Jahr einen Sieg einzufahren. So hatte der 51-Jährige sein Team auf gleich mehreren Positionen umgestellt: Sowohl Kapitän Benjamin Auer als auch Stammsechser Bas Sibum, Sergiu Radu und Shervin Radjabali-Fardi verordnete Aussem neben sich auf die Ersatzbank. Im defensiven Part veränderte der neue Mann an der Seitenlinie zunächst nichts, vertraute mit Boy Waterman, Kim Falkenberg, Seyi Olajengbesi, Mirko Casper und Timo Achenbach auf die Männer der letzten Wochen. Aimen Demai bekam mit Neuzugang Albert Streit einen neuen Partner auf der Doppelsechs, Alper Uludag und David Odonkor sollten die Flügel berennen. Hinter der einzigen Spitze Marco Stiepermann füllte Anouar Hadouir die Zehnerposition. Zudem war Offensiv-Allrounder Sascha Marquet mit im Aufgebot der Schwarz-Gelben.


Das Gäste-Team um Kapitän Kim Falkenberg sorgte von Anfang an dafür, dass den Hausherren wenig Platz geboten wurde. Hinten stand man sicher, vorne suchte man den Weg zum Tor von Keeper Özcan. Man spielte schnell in die Zwischenräume, stand eng am Mann und lauerte auf Konter – soweit die Devise von Interimstrainer Ralf Aussem.
Doch anders als in den 28 Partien zuvor nahm sich die Elf den Worten ihres Trainers an. Man spielte nicht wie der Tabellenletzte aus Liga Zwei, wie ein Absteiger in Liga Drei. Man spielte stattdessen schönen Kombinationsfußball, der auch schnell belohnt wurde. Denn das gezeigte Engagement sollte schnell Früchte tragen: Einem Ballverlust von Marvin Matip zufolge kam Marco Stiepermann an den Ball und stolzierte frei auf das Tor von Özcan zu. Als er den Schlussmann der Franken umkurvt hatte schob er lässig zur 1:0 Führung ein.

Es war das erste Tor der Dortmund-Leihgabe, doch es sollte leider nicht das letzte an diesem Tag sein. Die Alemannia hatte bis kurz vor der Pause stets gute Aktionen, sich aber nie konsequent genug gezeigt. Als sich die Anhänger der Schwarz-Gelben schon über die Pausenführung freuten, traf Stiepermann erneut: Doch dieses Mal ins falsche Tor!
Bei einer harmlosen Standardsituation geriet der 21-Jährige ins Stolpern, Mirko Casper hatte den eigenen Mann unglücklich geschubst, sodass er den Ball ebenso unglücklich mit der Hüfte ins eigene Tor bugsierte.
Die Freude auf den Rängen dahin, doch die Halbzeit war noch nicht vorbei! Denn auf der anderen Seite sorgte ebenfalls eine Standardsituation für einen Ausnahmezustand während der fünfzehnminütigen Halbzeitpause: Alper Uludag hatte eine Ecke genau auf den Kopf von Abwehrrecke Seyi Olajengbesi gezirkelt, der Innenverteidiger hatte frei vor Özcan keine Probleme, das Leder zum 1:2 – dem endgültigen Halbzeitstand – einzunetzen.

Den Seitenwechsel erlebte der angeschlagene Mirko Casper nur von der Ersatzbank aus mit. Für den erfahrenen Abwehrmann stand in Hälfte Zwei der nicht weniger erfahrene Thomas Stehle auf dem Platz, was an der Ausgangslage allerdings nichts änderte: Alemannia führte, verdient, und machte nicht den Anschein, in den letzten fünfundvierzig Minuten daran etwas zu ändern – im Gegenteil! Alemannia wollte noch einen drauflegen, nachlegen, nicht aufgeben – und zwar in Form von Marco Stiepermann! Der neue Mann im Aachener Startaufgebot kam wenige Minuten nach dem Wiederanpfiff am Strafraumrand an den Ball, ließ gleich zwei Mann der Ingolstädter Defensive hinter sich und vollstreckte anschließend aus der Distanz zum 1:3!

Der junge Angreifer hatte seinen Fehler aus der ersten Halbzeit wieder glatt gebügelt, indem er die Alemannia ein Stückchen näher zum Erfolg brachte. Von den Rängen erschallte ein „Stiepermann, Stiepermann, Stiepermann!“, die Alemannia führte mit zwei Toren Vorsprung doch noch war ja nicht Ende im Ingolstädter Audi Sportpark.
Die Alemannen ruhten sich leicht auf ihrer Führung aus, der Druck wurde etwas runter gefahren – man ließ die Hausherren kommen. Als Anouar Hadouir mit einem Krampf an der gegnerischen Strafraumgrenze zu Boden ging ließ Schiedsrichter Fischer einfach weiterspielen. Dadurch, dass David Odonkor versuchte, den Teamkollegen von seinen Schmerzen zu befreien war die gesamte rechte Seite der Aachener ausgehebelt, Ingolstadt kam zum ersten Mal gefährlich in Strafraumnähe, doch Seyi Olajengbesi klärte den Ball im Sechszehner sicher vor Angreifer Schäffler. Die Situation bereinigt wartete man nun darauf, dass sich Fischer endlich zu Hadouir begab, der sich am Boden immer noch vor Schmerzen räkelte. Doch der Unparteiische deutete statt auf die medizinischen Leiter der Alemannia auf den Punkt: Strafstoß für den FC, wo „Ola“ doch klar den Ball gespielt hatte! Eine falsche Entscheidung, die mit spielentscheidend wurde! Denn Leitl, der den Strafstoß schlussendlich ausführte, traf, obwohl sich Waterman die richtige Ecke ausgesucht und das Leder sogar berührt hatte. Dem Ergebnis tat dies nichts an, die Alemannia führte nur noch mit einem Zähler Vorsprung – und es waren noch ganze dreizehn Minuten zu spielen!

Und die Gastgeber drängten auf den Ausgleich! Die Alemannia hatte für den ausgelaugten Stiepermann jetzt Sergiu Radu eingewechselt, der vor dem gegnerischen Tor die Chance zum entscheidenden 2:4 allerdings um ein Haar verpasste. Und so waren es die Hausherren, die auf der anderen Seite mehr Glück im Abschluss hatten: Eine Flanke traf Schäffler perfekt mit dem Kopf, der nicht herausgekommene Boy Waterman hatte beim platzierten Kopfball ins linke obere Eck keine Chance. Doch auch die Alemannia bekam noch einmal die Chance, das Spiel für sich zu entscheiden, doch die Flanke von Neuzugang Streit fand Sergiu Radu am langen Pfosten nicht. Und so blieb es beim 3:3 Unentschieden nach neunzig Minuten. Die Schwarz-Gelben gingen vor dem Gästeblock in die Knie. Sie hatten gekämpft bis zum Schluss, dabei die beste Leistung der Saison gezeigt – und dennoch nicht gewonnen. Seyi Olajengbesi war nur ein Beispiel dafür, wie der bittere Abstiegskampf auch den Akteuren auf dem Platz zusetzte. Der Nigerianer strich sich winzigen Tropfen aus Auge und Gesicht, ehe er zur Kabine umdrehte – man hatte ein gewonnen geglaubtes Spiel „verloren“. Da kullerten auch schon einmal die Tränen.

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